80 Prozent des Münchner Trinkwassers kommen aus dem Mangfalltal im Landkreis Miesbach. Das in den 1960er Jahren eingerichtete Wasserschutzgebiet entspricht aber schon lange nicht mehr den rechtlichen Schutzanforderungen. Trotzdem setzen weder die bayerische Staatsregierung noch der zuständige grüne Landrat in Miesbach den notwendigen Schutz für das Wasser von mehr als einer Million Menschen durch. Damit wird das Verfahren seit fast 10 Jahren verschleppt. Vor einem Jahr hatte ein Anwalt einer Handvoll radikaler Schutzgebietsgegner mit einer Petition das Verfahren im Landkreis Miesbach sogar komplett gestoppt. CSU und Freie Wähler hatten dem Anliegen aus rein populistischen Gründen zugestimmt. Jetzt gibt es offenbar einen stillschweigenden Kompromiss der Staatsregierung mit den Grünen, das heiße Eisen vorerst nicht anzupacken.
Florian von Brunn, SPD-Umweltexperte im Landtag und stellvertretender Vorsitzender der Münchner SPD, ist fassungslos: „Hier wird nicht nur der Rechtsstaat mit den Füßen getreten - man spielt auch brandgefährliche politische Spiele mit dem Trinkwasser einer Millionenstadt. Die Antwort auf meine neueste Anfrage an die Staatsregierung zeigt: Es gab keinerlei sachlichen Grund, das Verfahren zu stoppen. Aber es geht genauso weiter! Man versucht, alles bis nach der Kommunalwahl zu verschleppen. Das ist unglaublich verantwortungslos. Ich bin besonders von dem grünen Landrat Rzehak im Landkreis Miesbach enttäuscht, der rein gar nichts mehr unternommen hat, obwohl er für das Verfahren verantwortlich ist. Und ich wundere mich sehr, dass ich dazu überhaupt nichts von seinen grünen Parteifreunden aus München höre!“
Von Brunn verweist darauf, dass die Staatsregierung auf seine aktuelle Anfrage hin einräumen musste, dass das Schutzgebietsverfahren bisher absolut korrekt abgelaufen sein und es entgegen der Behauptungen der Schutzgebiets-Gegner keinerlei Befangenheit bei den mit dem Verantwortlichen gegeben habe: „Trotzdem wird das Verfahren jetzt angeblich aus ‚formalen‘ Gründen neu aufgerollt. Daran glaubt kein Mensch. Hier spielen CSU, Freie Wähler und jetzt auch die Grünen wegen der Kommunalwahl ein ganz verantwortungsloses und rechtswidriges politisches Spiel mit dem Münchner Trinkwasser und der Gesundheit von über einer Million Menschen! Ich verlange, das Verfahren jetzt sofort wieder aufzunehmen und vor der Kommunalwahl abzuschließen!“
Zum Hintergrund:
Das Ausweisungsverfahren läuft seit 1985. Der Teil für die Wassergewinnung Mühltal wurde bereits im Jahr 2000 abgeschlossen und auch durch ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof 2002 bestätigt. Seitdem hängt das Verfahren für die Wassergewinnung Thalham-Reisach-Gotzing aufgrund des Protests vor Ort, der von CSU, Freien Wähler und jetzt auch de facto von dem grünen Landrat Wolfgang Rzehak unterstützt wird, in der Luft. Dabei verlangt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes seit 2010 die Einhaltung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“. Diese allgemein anerkannten Regeln sehen drei Schutzzonen vor. In Miesbach gibt es aber nur zwei: Es fehlt die Schutzzone III, die das Trinkwasser vor chemischen und radioaktiven Belastungen schützen soll. Aber auch Schutzzone II entspricht nicht mehr den heute geltenden Sicherheitsauflagen.
Der frühere Umweltminister Marcel Huber hat dem Landratsamt Miesbach bereits im Juli 2012 geschrieben: „Unter Beachtung dieser dargestellten Grundsätze entspricht vorliegend nur der Erlass einer Schutzgebietsverordnung pflichtgemäßem Ermessen.“ Aber der über die Landkreisgrenzen hinaus unrühmlich bekannte frühere Miesbacher CSU-Landrat Kreidl hat das Verfahren einfach nicht weitergeführt und das Problem für seinen Nachfolger liegen gelassen.
Die Antworten auf die zahlreichen Anfragen von Brunns belegen, dass der bessere Trinkwasserschutz dringend notwendig und überfällig ist. Sie zeigen auch, dass die Altrechte Münchens zur Wassergewinnung gelten und dass es keine Alternative zur Wassergewinnung im Mangfalltal gibt. Zudem haben die Landeshauptstadt München und insbesondere die Stadtwerke immer die lokalen Interessen berücksichtigt. Jedes Jahr werden alleine an die betroffenen Landwirte 1,2 Millionen Euro Entschädigung ausgezahlt, die die Münchnerinnen und Münchner aufbringen müssen.
Antwort der Staatsregierung auf die aktuelle Anfrage von Florian von Brunn (PDF, 15 kB)