"Wer ko, der ko" - Krenkl-Preis an Werner Dietrich und Ulrich Chaussy

Laudatoren und Preisträger 2015

12. Oktober 2015

Für ihr Engagement zur Wiederaufnahme der Ermittlungen über das Oktoberfest-Attentat wurde der Krenkl-Preis an Werner Dietrich und Ulrich Chaussy durch die SPD im Münchner Süden am 9. Oktober 2015 im Augustiner Schützengarten verliehen.

Zivilcourage und bürgerschaftliches Engagement sind Fundament einer lebendigen und wehrhaften Demokratie

Mehr als drei Jahrzehnte kämpften der Anwalt Werner Dietrich und der Journalist Ulrich Chaussy dafür, dass die Ermittlungen über das Oktoberfestattentat endlich wieder aufgenommen werden.

Gegen die Widerstände der Politik, des Nachrichtendienstes BND, des Verfassungsschutzes und anderer öffentlicher Stellen setzten Dietrich und Chaussy ihr Engagement und den Willen, aufzuklären und Transparenz zu schaffen. „Eine wehrhafte Demokratie braucht Menschen, die sich einsetzen und trotz Widerstände aus Politik und öffentlichen Institutionen nicht einschüchtern lassen: Beide Preisträger haben diesen Preis verdient, denn gemeinsam haben sie die Öffentlichkeit auf die Gefahr von rechts aufmerksam gemacht, auch wenn viele Behörden dies nicht wahrhaben wollten“ erklärte der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn am Abend des 9. Oktober 2015 im Augustiner Schützengarten. Aus diesen Gründen und um ein eindeutiges politisches Signal zu senden, habe sich die SPD im Münchner Süden einstimmig für Chaussy und Dietrich als Preisträger ausgesprochen, so von Brunn. Dr. Klaus Hahnzog als damaliger Kreisverwaltungsreferent und auch Hans Well als ehemaliger Krenkl-Preisträger drückten Ihre Bewunderung in Grußworten aus: „Werner Dietrich und Ulrich Chaussy sind für mich echte Helden. Ihr Heldentum ist frei von Pathos, großen Worten, es entsteht aus hartnäckiger, akribischer Arbeit.“, so Hans Well.

Laudator Prof. Dr. Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung vertiefte diese Aspekte eindrucksvoll: „Ulrich Chaussy und Werner Dietrich haben sich um den Rechtsstaat verdient gemacht. Sie waren und sind Aufklärer. Sie haben den Staat befreit aus einer von ihm selbst herbeigeführten Unmündigkeit. Wer ko der ko. Leider gibt es nicht viele, die das können“.

Krenklpreis 2015

Chaussy und Dietrich dankten den fast 300 Gästen für die Auszeichnung, erinnerten aber auch daran, dass die Aufarbeitung des Attentats noch lange nicht geschafft sei. „Es liegt noch viel Arbeit vor uns, noch immer sind viele Fragen offen und nicht beantwortet. Auch heute gilt es noch, den Widerstand gegen die Aufarbeitung in öffentlichen Behörden zu überwinden“ so Dietrich. Chaussy zeigte sich besorgt darüber, dass auch heute noch Zeugen durch die zuständigen Polizeistellen eingeschüchtert und viele Fragen trotz mehrfacher Nachfrage nicht beantwortet werden. „Zeugen wird von öffentlicher Stelle empfohlen, nicht mehr mit mir zusprechen – ein Unding“, so Chaussy

Die Verleihung des Krenkl-Preises war die erste gemeinsame Auszeichnung für Dietrich und Chaussy. „Wir beide haben das Attentat aus unterschiedlichen Blickwinkeln bearbeitet und uns in unseren Recherchen gegenseitig unterstützt und befruchtet. Daher geht mein Dank an die SPD im Münchner-Süden, die uns gemeinsam mit diesem Preis bedacht hat.“ Bezirksrätin Helga Hügenell, die die Preisverleihung moderierte, mahnte, dass ehrenamtliche Aufklärer die Unterstützung der Politik benötigen, um ihre Arbeit fortsetzen zu können.

Die SPD im Münchner Süden ehrte die Preisträger für ihr beeindruckendes jahrzehntelanges Engagement auch mit einem eigens für die Preisverleihung gestalteten Musikprogramm des Duos „Aus Freindschaft“ mit Monika Drasch und Maria Reiter.

Bei dem Oktoberfestattentat im Jahr 1980 waren 13 Menschen gestorben und mehr als 211 Menschen verletzt worden. Die ermittelnden Behörden haben über Jahrzehnte die Einzeltäterthese vertreten, trotz aller gegenteiligen Beweise. Chaussy und Dietrich, die immer wieder darauf hinwiesen, dass der Attentäter Köhler nicht allein gehandelt haben konnte, wurden diffamiert und öffentlich angegriffen. Erst 2014 gelang es Dietrich und Chaussy, dass der Verfahren erneut aufgerollt wurde. Chaussy veröffentlichte mehrere Bücher und den Film „Der dunkle Fleck“ zu diesem Thema.

Die SPD im Münchner Süden erinnert mit dem seit 1990 verliehenen Krenkl-Preis an Franz Xaver Krenkl (1780-1860): Der Münchner Rennstallbesitzer und Pferdehändler erlangte bleibende Berühmtheit, als er die Kutsche von Kronprinz Ludwig im Englischen Garten verbotswidrig überholte und ihm dabei zurief: Majestät, wer ko, der ko!. Der Ausruf wurde zum geflügelten Wort. Bisherige Preisträger waren unter anderem Helmut Fischer, Konstantin Wecker, Miroslav Nemec und Hans Well.

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