Auf diese erste Blütezeit folgten bald Rückschläge, nicht zuletzt weil im August 1869 in Eisenach von August Bebel und Wilhelm Liebknecht die „Sozialdemokratische Arbeiterpartei“ (SDAP) gegründet worden, zu der viele Anhänger des ADAV überliefen.
Am 23. und 24. Januar 1870 verbinden sich die bisher unabhängigen Ortsgruppen der bayerischen „Lassalleaner“ zum „Allgemeinen Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterverein“. Bereits im Juni 1870 auf einem Kongreß in Stuttgart fusioniert dieser Verein mit der SDAP, den „Eisenachern“.
Die Einigung der bayerischen Sozialdemokratie kam also fünf Jahre vor dem Gothaer Kongreß (1875) zustande, als auch die Mitglieder des ADAV und der SDAP im übrigen Reichsgebiet diesen wegweisenden Schritt vollzogen und die Spaltung der deutschen Sozialdemokratie durch den Zusammenschluss zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) zumindest organisatorisch überwanden.
Die weitere Frühgeschichte der Partei war von polizeilicher Überwachung, behördlicher Reglementierung und Zensur geprägt. So wurde z.B. das regelmäßige Erscheinen des „Proletariers“ erschwert (auch nach dem Umzug der Redaktion von München nach Augsburg) und musste am 18. Juni 1871 seinen Betrieb einstellen.
Die beiden Redakteure Robert Neff und Jakob Franz wurden wegen Beleidigung der Staatsregierung angeklagt und zu drei bzw. fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Um sich der Haft zu entziehen, flüchteten beide in die Schweiz. Und in München wird 1874 der Sozialdemokratische Arbeiterverein – im Grunde fünf jahre nach ihrer Gründung – ganz verboten, 31 Mitglieder verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Mit dem am 21. Oktober 1878 im Reichstag verabschiedeten „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“, das berühmte Sozialistengesetz, galt für 12 Jahre zusätzlich ein Verbot aller „Vereine, welche durch sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung bezwecken“.
Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes am 1. Oktober 1890 benannte sich die Partei in Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) um, wie sie bis heute heißt.
Nach der Kommunalwahl in München am 5. Dezember 1893 zieht der Gastwirt Georg Birk (seit 1866 Besitzer des Gasthauses in der Baaderstr. 70, das in der Zeit der Illegalität zum Treffpunkt der Münchner Sozialdemokraten geworden war) als erster und zunächst einziger Sozialdemokrat in das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten ein.
Damit beginnt die bis heute anhaltende Präsenz der SPD im Münchner Rathaus. (Michael Stephan)