Die europäische Integration ist eine politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Leistung von historischer Bedeutung. Der Aufbau der Europäischen Union ist eine langfristige und tief greifende Erfolgsgeschichte, in der es aber auch immer wieder Rückschläge gab. München hat in vielfacher Weise erfolgreich am Prozess der europäischen Einigung partizipiert. Für die Münchner SPD steht außer Frage, dass in der jetzigen Situation alles daran gesetzt werden muss, um die gegenwärtigen Probleme zu überwinden, strukturelle Verbesserungen durchzusetzen und damit eine konstruktive Weiterentwicklung der EU zu ermöglichen.
Europa ist in München längst gelebte Realität: 140.000 Münchnerinnen und Münchner, und damit fast 10% der Bevölkerung, besitzen die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Landes. Die günstige demografische Entwicklung in der Landeshauptstadt ist auch eine Folge der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Aktuell nimmt der EU-Anteil an der Zuwanderung zu. In 2011 belief sich der gesamte Wanderungssaldo, d.h. die Zuzüge abzüglich der Wegzüge von deutschen und nichtdeutschen Personen, auf insgesamt 24.150 Personen, davon waren 18.700 EU-Ausländer. Zugleich steigt das Ausbildungsniveau der Zuwanderinnen und Zuwanderer, dringend benötigte Fachkräfte stehen so in München zur Verfügung.
Die wirtschaftliche Integration
Mit einem Anteil am bayerischen Außenhandel von deutlich über 50% sind die EU-Länder die wichtigsten Export- wie Importpartner der Münchner Wirtschaft. Mit dem Europäischen Patentamt ist München Standort einer wichtigen europäischen Institution. Die Zusammenarbeit auf EU-Ebene ermöglicht die Realisierung von industriepolitischen Großvorhaben, die über den Rahmen nationaler Kapazitäten hinausgehen. So hat die Region München, trotz der aktuellen Diskussion um Kapazitätsverlagerungen, von der europäischen Zusammenarbeit in der Industriepolitik profitiert. Die Region München ist Standort von EADS, mit Airbus und Eurocopter, der Satellitenproduktion und des Galileo Navigationssystems.
Austausch und Förderung im Wissenschaftsbereich
Seit 25 Jahren läuft der Studentenaustausch-Programm "Erasmus", an dem aktuell jährlich 230.000 Studenten und Studenten teilnehmen. Erhebliche Fördermittel werden von der EU für wissenschaftlich-technische Projekte und Entwicklungen zu Verfügung gestellt. Der Universitätsstandort München hat in Lehre und Forschung eine europäische Spitzenposition. Wir sind daher nicht nur bedeutendes Quell- und Zielgebiet für den StudentInnenaustausch, die Münchner Universitäten partizipieren auch nach Kräften an den europäischen Förderprogrammen.
Die sozialen und ökologischen Errungenschaften
Die Europäische Union ist eine treibende Kraft für die Anhebung sozialer Standards. Davon profitieren die Beschäftigten in allen Mitgliedsländern. In der Umwelt- und Klimapolitik setzt die EU auf ökologische Erneuerung, von der Verbesserung der Umweltqualität profitieren zunächst alle, auch wenn für die Kommunen, wie die Feinstaubproblematik zeigt, die Umsetzung von EU-Normen nicht immer leicht ist. Gleichzeitig wurden im Umweltbereich auch Märkte geschaffen, in denen Münchner Firmen gut positioniert sind.
EU-Gesetzgebung und die Interessen Münchens
Die EU ist zunehmend die entscheidende Gesetzgebungsebene gerade auch für kommunale Belange. Der größte Teil der Gesetze in Deutschland geht inzwischen auf Initiativen aus Brüssel zurück. Wie für die Landes- und Bundesebene gilt auch für die EU-Ebene, dass die Probleme und Interessen der Städte oft nicht ausreichend berücksichtigt werden. Fragen der Stadtentwicklung, des Wohnungsbaus oder der innerstädtischen Mobilität müssen noch viel stärker auf der EU-Agenda stehen. Dabei geht es nicht um neue EU-Regelungen, sondern um mehr Unterstützung für die Städte.
Die Finanzkrise oder aktuelle Entwicklungen am Wohnungsmarkt sollten Anlass genug sein, dass die EU-Kommission ihre tendenziell positive Haltung zu weiteren Privatisierungen im kommunalen Bereich - Sparkassen, Wohnungswirtschaft, Energieversorgung, Gesundheit, Wasserversorgung, Nahverkehr - überdenkt. Der Erhalt der kommunalen Daseinsvorsorge ist deshalb ein entscheidendes Anliegen. Das Prinzip der Subsidiarität, das Zuständigkeiten nach Möglichkeit auf der niedrigsten, dem Bürger nächsten Verwaltungsstufe ansiedelt, sollte europaweit mehr Akzeptanz erfahren. Den starken Lobbygruppen für weitere Privatisierungen müssen die Städte ihrerseits entgegenwirken.