AK Umwelt und Energie: "Europapolitische Radltour zu Europa und Klima – Tempo für die Energiewende, Münchner Beispiele"

18.05.2024, 14:00 – 16:00 Uhr | Wittelsbacher Brunnen, Lenbachplatz, 80333 München

mit Rudi Remm, Experte im Energiebereich

am Samstag, den 18. Mai von 14 bis 16 Uhr

die EU ist wichtig für die Klima/Energiepolitik, innerhalb der EU und als internationaler Akteur.Die Tour spiegelt eine großen Teil der wichtigen Themen wieder. Die Reihenfolge ist der Topografie geschuldet, nicht der Bedeutung. Es gäbe noch viel Vertiefendes und Hintergründe, das hier leider keinen Platz finden kann. Die EU-Ebene wirkt in die meisten Bereiche hinein. Sie kommt wenn auch etwas zu langsam, voran. Dies ist aber wieder gefährdet wenn Konservative und Rechtsradikale zuviel Einfluss bekommen. Das hieße retour zu Kohle und Atom und ungebremste Klimakatastrophe zu Lasten aller Schwachen.

1 Geopolitik und Energie : China,
bank of china, Lenbachplatz 5

China hat eine zwiespältige Politik, einerseits werden immer noch Kohlekraftwerke gebaut, andererseits ist der Ausbau der Photovoltaik beeindruckend, genauso macht die Elektromobilität große Fortschritte.
Europa muß alles unternehmen, die derzeitige sehr hohe Abhängigkeit bei Komponenten für die Photovoltaik (PV) von chinesischen Lieferanten wieder zu reduzieren. Frankreich und Italien gehen hier voran. In Deutschland bremst die FDP diese Initiativen.

2 Siemens, großer Player im Energiebereich (einst groß bei der Atomenergie),
Wittelsbacher Platz

Siemens gehörte zu den großen im Atomgeschäft. Sie haben klugerweise diesen Bereich wieder zu verlassen. München mit Christian Ude und rot-grün haben ein besonders unsinniges Atomgeschäft für immer verhindert. Die sog, Mox-Fertigung sollte abgebrannte Brennelemente in einem teuren und mit viel nuklearen Abfall verbundenen Prozess ein zweites Mal teilweise wieder nutzbar machen. Der konsequente Widerstand Münchens war der Anstoß, dass auch die anderen AKW-Betreiber sich leise verabschiedeten. Die Anlage ging nie in Betrieb und soll nach Russland verkauft worden sein. So hatte die AKW-Beteiligung Münchens doch noch einen Vorteil. Die Photovoltaik verschlief Siemens, während sie sich bei der Windkraft stark einkauften, bis jetzt mit geringem ökonomischen Erfolg. Beim Umsatz von siemens energy mit 31 Mrd € kommt der überwiegende Anteil aus den konventionellen Sektoren.

3 Photovoltaik, Säule 1 der Energiepolitik,
Oskar v. Miller Forum, Oskar v. Miller Ring 25

Mittlerweile ist der Zubau in Deutschland vor allem in Bayern gut; in Frankreich, mit weit besserer Voraussetzung holt in jüngster Zeit der Süden auf. Die südlichen Länder haben ca 30 % höhere Erträge. Die Erzeugungskosten sind stark gesunken, bei Freiflächen betragen sie ca. 60% gegenüber Dachanlagen. Schneller als gedacht sind 2 Probleme aufgetaucht. Der Netzausbau hinkt hinterher und so werden bereits 2024 in ca. der Hälfte von Bayern Speicher notwendig. Die Synchronisierung der Tempi beim Ausbau von Erzeugung und Netze/Speicher ist nicht einfach. aber lösbar. die gut sichtbaren Paneele am Forum sind eher von der teuren Art. Die EU bemüht sich die noch vorhandenen Behinderungen abzubauen.

4 Geopolitik und Energie : Russland
Karolinenplatz Obelisk
Geopolitik und Energie : USA
Karolinenplatz Amerikahaus

Das Beenden der hohen Importmengen von Gas, Öl und Kohle aus Russland hat Europas und Deutschland relativ gut gemeistert. Dieses Druckpotential des Putinsregime ist für die meisten Länder beendet. Der hohe Anstieg der Weltgas- und Ölpreise hatte aber weitere Effekte. Die Kasse, zb. von Gazprom füllte sich dennoch gut, auch mit deutlich geringeren Exportmengen. Diese Summen gehen weitestgehend in den Staatshaushalt. In jüngster Zeit meldet Gazprom hohe Verluste. Transparent ist das allerdings nicht. Die globalen Öl/Gasfirmen feierten ihre höchsten Gewinne. Russland spielt bei den Klimaverhandlungen eine ähnliche Rolle wie die Ölländer.

Die USA spielen ja nach Mehrheitsverhältnissen im Kongress eine unterschiedliche Rolle in der Klimapolitik. Vor dem Aufkommen der problematischen fracking -Technik waren die USA fossile Importeure. 2023 wurden sie zum größten Lieferant von Flüssiggas für Europas.
Vor kurzem stoppte die Biden-Adminstration neue größere Verflüssigungshäfen an der Küste Lousianas, um weitere große fossile Infrastrukturen zu verhindern. Energieeffizienz ist oft ein Fremdwort, schlecht isolierte Häuser und masssive Spritschlucker als pick-ups sind die traurige Regel. Mit dem inflation reduction act startete die US-Regierung ein riesiges Zuschußprogramm in der Höhe von 500 Mio $. Es soll die Co2 Emissionen bis 2030 um 40 % senken. Zugleich hat es aber auch einen kräftigen ‚buy America‘ Akzent. So entsteht ein unguter Subventionswettlauf.

5 Energetische Sanierung,
Briennerstr. 37, städtische Schule BOS Anita Augsburg

1960 gebaut steht sie unter Denkmalschutz (Architekt Angermann). 2011 fand eine bautechnische Überholung statt. So wurden erst damals Keller- und Dachdecke nachisoliert. Die energiebezogenen Massnahmen schöpften nicht alle Möglichkeiten aus, so dass die Einsparungen nur 21% betragen .

Schräg gegenüber die ehemalige IsarAmper-Werke Zentrale,
Briennerstr 40

Sie waren das einzige rein privatkapitalistische Strom-Unternehmen in Bayern. In der wilden Liberalisierungs- und Privatisierungs-Zeit in den 90-ern wurden sie an die halbstaatlichen Bayernwerke verkauft. Diese wiederum verkaufte die bayrische Regierung mit Stoiber an den entstehenden eon-Konzern. Und plötzlich waren die hohen Gewinne der Bayernwerke für den bayrischen Staat perdu. Von dem Erlös wurde die komplett überflüssige Neuauflage des Forschungsreaktors Garching bezahlt, Nutznießer war Siemens. Der Reaktor steht seit 2020 still, niemand vermisst ihn. Das Anwesen Briennerstr baute eon großzügig um, um es nach kurzem an eine verschwiegene Stiftung in Lichtenstein zu veräußern. 500 Beschäftigte des Standort München verloren ihren job.

6 Dekarbonisierung in Großbetrieben,
Nymphenburgerstr. Ecke Sandstr., Beispiel Brauerei, AB- Inbev (Spaten-, Löwenbräu)

Der größte Brauereikonzern gehört nicht zu den ganz großen Energieverbrauchern wie Metallerzeuger oder die Grundstoffchemie. Es gelang auch den Energieverbrauch pro erzeugtem Hektoliter in den letzen 5 Jahren um 15% zu senken. Der Umstieg auf Erneuerbare Energien steht auch in diesen Betrieben an. Bei den Größtverbrauchern führt an Wasserstoff kein Weg vorbei Nur so können die seht großen Energiemengen bereitgestellt werden. Bei den Brauereien kann der Umstieg auf elektrisch beheizte Prozesse genügen. Da Wasserstoff immer teuer und relativ rar bleiben wird , muss er den Bereichen vorbehalten bleiben, wo die Stromnutzung an ihre Grenzen kommt. P.s. Das kühlen erfolgte früher mit sehr geringen Co2-Abdruck in den Kellern mit Eis aus eigenen Weihern, zb. Erhartinger Brauerei.

7 Bäume in der heißen Stadt

die Erderhitzung macht auch den Stadtbäumen das Leben noch schwerer. Wir brauchen aber ihre Schatten und ihre Verdunstungskälte. Bei Neupflanzungen können die Stadtgärtner auf erfolgreiche Versuche zurückgreifen. Es wird eine Grube mit 32 cbm neu gefüllt mit einem Gemisch aus Erden und zerkleinerten alten Ziegeln. Diese speichern Feuchtigkeit gut. Nur wenige herkömmliche Baumarten werden die heißere Stadt aushalten. Sie müssen durch südlichere Varianten ergänzt werden. Aber auch die können die Stadt nur begrenzt kühlen.

8 Netze, Gas, mittelfristiges Ende
Ecke Barer/ Gabelsberger, südöstliche Ecke

Erdgas erzeugt am Ort der Verbrennung weniger Treibhausgase als Kohle. Bei der Gewinnung und dem Transport gibt es jedoch einen beachtlichen Methanschlupf. Methan ist 80 mal klimaschädlicher als CO2. So sind Kohle und Erdgas beim Treibhausgasausstoß in etwa ähnlich. Der bisherige Großlieferant Russland kommt nicht mehr in Frage. Erdgas als fossiler Brennstoff hat ausgedient. Das bedeutet sich auch langsam von den Gasnetzen zu verabschieden.
In München ist die Alternative einerseits leichter, anderseits deutlich schwerer. In Dörfern ist die Antwort einfach: elektrische Wärmepumpen. In München dürfte dies beim Großteil der 15% Wohnungen in Einfamilienhäusern langfristig gut funktionieren. Bei den Wärmenetzen, wo der Glücksfall Tiefengeothermie liefert, gibt es damit auch eine gute Lösung. Es bleiben aber ca. 20 % Wohnungen wo es nur Lösungen zweiter Wahl geben wird. In diesen schwierigen Fällen werden vermutlich Wärmepumpen mit weniger idealen Wirkungsgraden zur Anwendung kommen. Möglichst gute Energiesparmaßnahmen sind immer sinnvoll um die Verbräuche drastisch zu senken.

9 fossiles Heizwerk der Stadtwerke (ehemals mit Stromerzeugung),
Türkenstr. 42

Drei innerstädtische Kohlekraftwerke (zusätzlich Müllerstr. und Schäftlarnstr.) lieferten einst den Großteil des Münchner Stroms und ihre Abwärme in die Fernwärmenetze. Die zentralen Lagen ermöglichten relativ geringe Verluste. 1991 wurde die Theresienstr. auf Gas und reinen Heizbetrieb umgestellt. Die Stromerzeugung übernahm das erweiterte Heizkraftwerk Nord 2 in Unterföhring. Damit sank der Gesamtwirkungsgrad des Systems.Vermutlich wird die Theresienstr. auch bei hohem Geothermieanteil in der Fernwärme als Reserve sinnvoll bleiben. Damit bliebe ihr Einsatz auf wenige Prozente im Jahr beschränkt. Den erneuerbaren Brennstoff ohne Haken gibt es allerdings nicht. Vermutlich wird es der teure und nur verlustreich erzeugbare Wasserstoff sein.

10 Netze 2 Strom (oft schräge Debatten in der EU),
Arcistr. 74 Umspannwerk

Innerhalb Münchens gibt es 3 Netzebenen: 110 KV, 20 kV und 380 V. In der Arcistr. wird von 110 KV auf 20 KV ‚runtergespannt‘. Die Elektromobilität und die Wärmepumpen erfordern die Erweiterung und den Umbau der Netze. In München mit proportional weniger Autoverkehr und auch künftig weniger Wärmepumpen wird das weniger zu Buche schlagen als im ländlichen Raum. Der Strom wird aus den Dörfern in die Ballungsräume kommen. Dies bedeutet deutlich mehr Investitionen in ländliche Verteilnetze. Die Diskussion, vor allem in der EU dreht sich vorwiegend um die Höchstspannungsleitungen. Dahinter steht die teure und irrige Annahme wenige Regionen sollen die Versorgung von großen Teilen Europas übernehmen.
Bereits 2023 konnten größere PV-Anlagen nicht ans zeitweise volle Netz. Einige Projektanten, zb. die ENBW bauen daher Freiflächen nur noch mit Speicher. So kann der Strom den ganzen Tag über genutzt werden ohne die Netze zu überstrapazieren.

11 Speicher : Tankstelle contra Ladestation,
Belgradstr.68
E-Mobilität im ÖV,
Scheidplatz

Speicher des Ölzeitalters: eine normale Tankstelle hatte einen Tank mit 50 000 bis 90 000 Liter. Das entspricht bis zu 900 000 kwh., oder bei einem E-Auto ca. 60 000 km. Der Ausbau der Erneuerbaren erfordert bereits jetzt den Bau von Speichern. Neben den vorhandenen Pumpspeicherwerken kommen zuerst Batterien in Frage, z.b. bei einer Freifläche. Ein 20 Fuß-Container kann 1,9 Mwh speichern.
In zweiter Reihe kommt Wasserstoff zur Anwendung. In der Mobilität sind elektrische Lösungen eindeutig überlegen. Die Pläne zu Wasserstoff auch in der EU sind oft übertrieben

E-Mobilität im öffentlichen Verkehr,
Scheidplatz

Tram und U-Bahn fahren seit langem mit effizienten elektrischen Antrieben. Jetzt sind die Busse in der Umstellung. Ende 2024 werden es 130 E-Busse sein (bei aktuell 400 eigenen Bussen). Die Reichweite beträgt ca 250 km /Tag. Bei den vielen Bremsvorgängen wird die Energie zum Teil rekuperiert. Das neue Busdepot in Moosach, Emmy Noetherstr. ist bereits komplett auf die E-Busse ausgerichtet.

12 Windkraft, Säule 2 der Energiepolitik,
Schuttberg Luitpoldpark beim Scheidplatz

Der Spitzenreiter in Europa ist Dänemark mit 56% Anteil Windstrom am Gesamtverbrauch, gefolgt von Irland 36% und Deutschland 31%.
Nicht alle Länder nutzen ihre guten Möglichkeiten, z.b Frankreich 11% und Italien 8%. Die Anlagen wurden größer und effizienter. Ein ‚kleines‘ Windrad wie auf dem Müllberg 1999 mit1,5 MW errichtet, würde heute niemand mehr bauen. Das Neue auf der Deponie Nordwest hat 3,5 MW. Die Projekte südlich München planen alle mit mehr als 5 MW. Die geringere Windstärke im Süden wird kompensiert mit höheren Türmen. Die Blockade der CSU warf Bayern arg zurück. Verbiesterte Windkraftgegner fanden bei ihr zu oft ein offenes Ohr.
Die Wirtschaft drängt darauf, dass Bayern endlich auch den billigen Windstrom bekommt, zb. für das Chemiedreieck bei Burghausen. Die Stadtwerke haben mehrere Beteiligungen an Windparks in Europa, in der näheren Umgebung wäre es durch die Blockade fast unmöglich gewesen.

Zugabe: historisches Heizkraftwerk zum Krankenhaus, kompletter Umbau, nördl. Schwabinger Krankenhaus

das klassische Heizkraftwerk beheizte das damals moderne Schwabinger Krankenhaus. Die Kohle kam vom ehemaligen Güterbahnhof Berlinerstr. mit einer Sattdampflokomotive. Sie hatte keine eigene Feuerung, sondern wurde für die kurze Strecke jeweils am Kraftwerk mit Dampf ‘geladen’.
Das imposante Gebäude ist im kompletten Umbau. Die Investoren möchten ohne komplizierte Haustechnik auskommen.

Download (Kalenderprogramm)

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